Musikdokus handeln häufig von berühmten Interpreten oder außergewöhnlichen Begabungen. Kein Zickenfox erzählt von einfachen Musikerinnen nebenan. Ein Alleinstellungsmerkmal haben freilich auch sie: Sie spielen im einzigen Frauenblasorchester der Welt.

Einmal in der Woche ist der Probenraum in Berlin-Kreuzberg zum Bersten gefüllt. Den 66 Frauen zwischen Anfang 20 und Mitte 70 ist das einerlei. Was alle verbindet – egal ob Studentin, Polizistin, Diplombibliothekarin, Lebensmittelchemikerin oder Bauingenieurin –, ist die Liebe zur Musik. Und die überträgt sich schnell auf ihr Publikum.

Für ihren Dokumentarfilm Kein Zickenfox haben Kerstin Polte und Dagmar Jäger das Frauenblasorchester Berlin begleitet. Dirigentin Astrid Graf hat es 2003 ins Leben gerufen. Der Andrang war von Anfang an riesig. Die Kamera ist bei den Proben, bei Auftritten in der bayerischen Provinz und in der Berliner Philharmonie dabei. Vor grauem Hintergrund verraten die Musikerinnen Alter, Beruf und Instrument, geben eine kleine Kostprobe ihres Könnens und mit einem Augenzwinkern zu, dass die Diskussionen bei einem reinen Frauenorchester gern mal etwas länger dauern. Im Kern handelt Kein Zickenfox aber von Lebensentwürfen. Und so zeigen Polte und Jäger ein gutes Dutzend Frauen auch im Privaten, wie sie leben und arbeiten, wen sie lieben, was sie denken und fühlen; erzählen von späten Coming-outs, alternativen und ganz gewöhnlichen Werdegängen.

Was auffällt, ist die positive Energie, die vom gemeinsamen Musizieren in den Alltag und wieder zurück strömt. Da ist etwa Irmgard, die noch im Rentenalter mit dem Saxofonspielen begonnen hat, da ihr eigentliches Instrument, das Waldhorn, in ihren Ohren viel zu doof klingt. Ihrem Appell, seinen Zielen zu folgen, solange man noch könne, folgte auch Trompeterin Gisela jederzeit. Von einem Leben nach dem Tod oder von Wiedergeburt will die pensionierte Pfarrerin nichts wissen. Für sie ist jedes Leben so einzigartig, dass es sich einfach nicht lohne, seine Pläne für ein mögliches nächstes aufzuschieben. Und da ist die – mittlerweile verstorbene – Posaunistin Margrit, die nach ihrer Krebserkrankung die Energie des Orchesters vermisst, so schnell wie möglich zurückdrängt und sich selbst mit amputierten Fingern nicht vom Spielen abbringen lässt.

Mit einer knappen Laufzeit von gerade einmal 69 Minuten kratzt Kein Zickenfox freilich nur an der Oberfläche. Dennoch bietet der Film ein Kaleidoskop starker Frauen. Ein Ausflug nach Bayern führt dem Publikum amüsant vor Augen, warum ein emanzipiertes Leben manchmal eben doch besser in Berlin als in der Provinz glückt. Und wenn die Zuschauer in der Berliner Philharmonie zur orchestralen Interpretation von Miriam Makebas Pata Pata auf ihren Sitzen wippen, ist das Kinopublikum schon lange von der Musik, ihren Interpretinnen und von diesem kleinen Feelgood-Dokumentarfilm eingenommen.

(Falk Straub)