15.07.2016 - 14:50 Uhr
Ein Film von Holger Preuße
Die Luft will vor der Hitze fliehen, aber sie ist zu matt. Sie steht über dem Boden: Schwer und gedrückt von der Glut, die auf ihr lastet. Wie im Kreis dreht sie sich. Die Luft will sich verflüssigen, um sich abzukühlen. Auf und ab schwingt sie, aber es gibt kein Entrinnen. Es ist Ende März im Herzen von Westafrika. Der Harmattan, der heiße Wüstenwind aus der Sahara, weht unablässig. Für die Menschen, die hier leben, gibt es keine Gnade. Wer von Ort zu Ort kommen will, fährt auf Straßen, die den Namen nicht verdienen: Es sind staubige Pisten, die auf keiner Karte verzeichnet sind. Nur mit großer Mühe und für wenige Monate im Jahr sind sie zu bereisen. Zur Zeit der Regenfälle sind sie nicht befahrbar, weil sie dann vom Niger-Strom, einem der mächtigsten Flüsse der Welt, überspült werden. Setzt der erste Regen ein, verwandeln sich die Wege in Schlammpisten. Bei jeder Tour auf ihnen fährt das Risiko mit.
Die meisten Menschen in der Region Massina im westafrikanischen Mali haben kein eigenes Auto. Minibusse, Pickups, LKW, Pferde- und Eselskarren pendeln zwischen den Orten. An Markttagen herrscht Hochbetrieb. Händler und Kunden sind gleichermaßen unterwegs. Die Straße der Märkte erwacht dann zum Leben. Sie wird zur gefährlichen Falle, denn die Pisten, die mit Schlaglöchern und Abbruchkanten übersät sind, sind nicht für die Fahrzeuge ausgelegt, die sich dann auf ihnen bewegen. Die Fahrzeuge selbst erhöhen das Risiko: Auf den nur zusammengeflickten Lastwagen und Buschtaxis türmen sich neben den Waren auch ganze Menschentrauben, die zu den Märkten fahren. Wer mit will, muss sich festhalten. Die verschiedenen Geschwindigkeiten von Lastern, Minibussen, Jeeps einerseits und Eselskarren, Fahrrädern, Fußgängern andererseits prallen aufeinander. An Straßenverkehrsregeln hält sich keiner, denn die Straße ist für alle da. Auch für die Kuh- und Ziegenherden, die die Straße kreuzen.
Sekou N’diayé und sein Kollege Diadjé Maiga fahren schon ein halbes Leben lang mit ihren französischen Berliet-LKW durch die Savanne. Das Miteinander im Busch und die Herausforderungen ihres Jobs haben sie über die Jahre zusammengeschweißt. Keiner von ihnen würde den Job aufgeben. Sie mögen das Ungewisse, was sie auf jeder Tour begleitet. Sie lieben die Begegnungen mit den Menschen in den abgelegenen Dörfern. Sie fordern den steten Kampf ums Überleben in dieser unwirklichen Region heraus, weil sie keine Alternative haben. Es ist aber auch die Freiheit in der Savanne, die sie hier finden. Vielleicht ja auch, weil sie dort die letzten Helden sind.