Zu Tisch: Grödnertal

18.11.2024 - 11:50 Uhr

Ein Film von Stefan Pannen

Das Grödnertal, im Nordwesten der Dolomiten gelegen, gilt als Inbegriff der Bergwelt, seit Luis Trenker es in Deutschland populär machte. Es beginnt im Eisacktal und führt hinauf zu den Pässen Sella- und Grödnerjoch. Das Grödnertal ist von einer Vielzahl von Almen und Bergen umgeben: Der Seiseralm, dem Langkofel, der Sellagrupe, um nur einige zu nennen. Hauptort ist St.Ulrich mit 6000 Einwohnern, bekannt für seine Herrgottsschnitzer. Die Grödner schaffen das Kunststück Traditionen wie diese zu bewahren und geichzeitig ein Zentrum des modernen Massentourismus zu sein. Doch es mehren sich die Stimmen deren, die warnen, dass das Tal seine Seele vollends verkauft habe.
Der Film erzählt von der Familie Bernardi, einer Dynastie von Herrgottsschnitzern im Grödnertal. Während Vater Oswald eine Christusfigur fertigstellen muss, übt sich Sohn Florian im Spagat zwischen seinen Berufen dem traditionellen Handwerk als Fasner und dem vermeintlich zeitgemässeren Dasein als Skiführer. Obendrein frönt seinen kulinarischen Leidenschaften. Dabei geht ihm Schwester Karoline zur Hand.
Wie überall in Südtirol mischen sich im Grödnertal deutsche und italienische Einflüsse. Doch Verkehrssprache ist Ladinisch, eine Sprache, die nur hier und in einigen benachbarten Tälern gesprochen wird.
Florian Bernardi, 40, ist Fasner oder auf italienisch „Policromatore“. Er lebt am unteren Dorfrand von St. Ulrich in einer Wohnung über seiner Werkstatt. Florian ist der älteste von drei Söhnen, sein jüngster Bruder ist 21 Jahre nach ihm geboren. Sein Vater Oswald (71) ist Herrgottsschnitzer – wie auch seine beiden Onkel. Denn das Grödnertal ist über die Grenzen Südtirols hinaus für seine Schnitzereien bekannt. Florian belegt das Schnitzwerk der Älteren mit Blattgold und malt die Figuren dann farbig an. Das Fasen ernährt seinen Mann: Im Souterrain seines Hauses hat Florian eine gigantische Märklin-Bahn stehen, deren Häuser er natürlich selbst bepinselt hat.
Seine andere große Leidenschaft gilt dem Kochen. Auf alten Filmaufnahmen ist zu sehen, dass er schon als Fünfjähriger des Sonntags Kuchen für die ganze Familie backte, wenn die Erwachsenen nach dem Gottesdienst noch beim Stammtisch saßen. Heute gibt er auch Backkurse für die Frauen des Dorfes und zeigt ihnen die Feinheiten der italienisch-alpenländischen Patisserie.
Neben dem Fasen hat Florian noch ein zweites, berufliches Standbein in der Tourismusindustrie: Im Sommer führt er Wandergruppen, im Winter Skigruppen durch die Dolomiten. Dabei wird auf Hütten übernachtet, wo Florian oft selbst kocht. Dabei vertraut er auf traditionelle Gerichte, die er nach modernen Gesichtspunkten verfeinert, ganz, so wie er es sich in den zahlreichen Sterne-Restaurants der Gegend abgeschaut hat.