06.10.2021 - 19:40 Uhr
Ein Film von Felix Franz
Leder gilt als nachhaltiger Naturstoff, doch das Image bröckelt. Skandale um krebserregende Stoffe in Schuhen oder verseuchte Flüsse in Bangladesch haben die Branche in Verruf gebracht.
Immer mehr Kund*innen wollen Produkte kaufen, die tierfreundlich und umweltschonend hergestellt werden, und der Markt antwortet: mit pflanzlich gegerbten Häuten von biologisch gehaltenen Tieren – oder gleich mit veganen Alternativen, zum Beispiel aus Äpfeln oder Kakteen.
„In der Lederindustrie ist über viele Jahrzehnte wenig passiert. Wir wollten eine Alternative finden, die unsere Ressourcen schont und weder dem Anwender und noch dem Endverbraucher schadet,“ sagt Thomas Lamparter von der gläsernen Gerberei in Reutlingen. Hier im ehemaligen Herz der deutschen Lederindustrie haben sie eine Methode entwickelt, die über Deutschland hinaus Furore macht und dem verstaubten Image ein Facelift verpasst: Die Gerbung mit Olivenblättern. Das Laub der mediterranen Pflanze war bis dato ein Abfallprodukt der Ölproduktion, jetzt ist es der Grundstoff für eine Innovation.
Auch die Automobilbranche reagiert auf den wachsenden Wunsch der Kundschaft, ressourcenschonendere Autos zu fahren, hier spielt für viele Käuferinnen und Käufer auch die Innenausstattung eine immer größere Rolle. „Leder hat einen sehr hohen ökologischen Fußabdruck“, erklärt Martina Gottschling, die für die Material-Innovation bei Volkswagen zuständig ist. Ihre jüngste Entdeckung ist ein Kunstleder aus Kaffeeresten. Aber auch in der Petrischale züchtet die Biologin neue Materialien für vegane und umweltschonende Autositze.
„Appelskin“ heißt die Erfindung des Südtiroler Pioniers Hannes Parth. Für die innovative Lederalternative verwendet der Südtiroler den Trester, der bei der Produktion von Apfelsaft anfällt. Der Stoff ist in seiner Region in Hülle und Fülle zu haben – und viel zu schade für den Müll. Inzwischen ist die Apfelhaut ein beliebtes Material in der italienischen Modeindustrie und wird von kleinen und großen Labels zur Herstellung hochwertiger Kleidung, Taschen und Portemonnaies verwendet.
Auch die Mexikaner Adrián López Velarde und Marte Cázarez wollen mit einer heimischen Pflanze den Ledermarkt erobern: Sie nutzen Kaktus als Grundstoff und sind überzeugt, dass ihr veganes Material ein Riesenpotential hat, denn die weltweite Nachfrage nach neuem Leder steigt stetig.