Am 17.03. kommt „Kein Zickenfox“, der Dokumentarfilm über das Frauenblasorchester Berlin (FBOB), ins Kino. SIEGESSÄULE-Autorin Uta Zorn sprach mit den Filmemacherinnen Dagmar Jäger und Kerstin Polte
16.03. – „Kein Zickenfox“ ist ein Dokumentarfilm über das Frauenblasorchester Berlin (FBOB). Kamerafrau Dagmar Jäger stolperte quasi über das Orchester im Humboldthain bei der Fête de la Musique, und Regisseurin Kerstin Polte sagte sofort „ja, lass uns drehen“, als sie bei einer Probe zu Gast war. SIEGESSÄULE-Autorin Uta Zorn traf die Filmemacherinnen auf der Berlinale und sprach mit ihnen über die Dreharbeiten und den Kinostart am 17. März

Wie war euer „erstes Mal“ mit dem Orchester und was hat euch besonders angezogen?
Dagmar: Die Frauen. Ich habe diese Musik gehört und hab gesagt, da muss ich hin. Was ist das denn, das hört sich so schön an und so energievoll. Dann stand ich da in diesem traumhaften Licht, nur Frauen und die Musik dazu und dachte gleich, dazu muss man einen Film machen. Eine Flötistin im roten Kleid mit schwarzen Punkten, so ganz leicht und dann Steph, die Tubistin, mit ihrer Zimmermannshose – was für ein Potpourri!
Kerstin: Ich hatte nur davon gehört und da ich ja nun mal Frauen generell sehr anziehend im Leben finde und dann erst 66 (lacht) – das musste ich sehen. Ich habe dann in dieser Probe gestanden, es war ein Gewusel, ein unglaubliches Chaos und ich habe wirklich gedacht, wie soll man daraus einen Film machen? Es ist total geil, es berührt mich zutiefst, sofort, aber wo kann hier eine Struktur rein? Als Filmemacherin denkt man sofort, das muss auch alles einen Anfang und ein Ende haben, und eine Mitte – Struktur, Dramaturgie.

Hattet ihr ein Drehbuch?
Dagmar: Kerstin hat in der Regel Drehbücher, die man dann irgendwo in die Ecke schmeißt. Und dann kommt sie mit Zetteln an. Da steht bis auf den letzten Zipfel irgendwo was geschrieben, das ist dann ungefähr das Drehbuch. „Heute machen wir das“, und meistens habe ich dann gesagt: „Okay, dann stell ich die Kamera heute dahin.“ Mit anderen Worten, es gab kein Drehbuch. Aber die große Idee war schon da, wir wollten die Frauen erzählen lassen.

Wie habt ihr es geschafft, 160 Stunden nach über drei Jahren Dreh auf 70 Minuten zu schneiden?
Kerstin: Ich bin ja auch gelernte Cutterin, und genauso wie beim Drehen lass ich mich immer davon leiten, was berührt mich und was berührt mich nicht. Also erst mal gucken, was ist überhaupt stark, was ist da an Szenen, an Momenten. Klar, und danach muss man natürlich was aufschreiben, da entsteht das Drehbuch dann. Wir wollten immer einen Film machen, wo man nachher rausgeht und sagt, jetzt hätte ich noch gern 10 Minuten und jetzt muss ich den noch mal angucken, weil – da vorne das interessiert mich.

Ihr habt die Frauen mehrere Jahre begleitet, wir groß war euer Budget?
Dagmar: Wir hatten genau Nullkommanull – eigentlich hatten wir Schulden.

Ihr kommt in dem Film den Frauen unheimlich nah. Wie habt ihr das geschafft?
Kerstin: Ein paar Monate nach Drehbeginn sind wir mit auf Tournee gegangen. Ab da war es einfach so, dass wir gar nicht mehr von außen was getan haben, sondern immer ein Teil des Ganzen waren, wir mit den Frauen verschmolzen sind. Wir waren wie Notenständer. Die haben uns gar nicht mehr so richtig wahrgenommen, wir haben halt dazugehört.

Täusche ich mich, oder ist „Kein Zickenfox“ auch eine Hommage an Berlin?
Kerstin: Für mich ist manchmal noch zu wenig Berlin drin. Ehrlich gesagt, diese Frauen, so wie sie da sind, finde ich, gibt’s auch nur hier, und deswegen ist das auch die Stadt, in der ich lebe und in die ich immer wieder gezogen bin.
Dagmar: Ich weiß auch nicht, was du da in Zürich wolltest.
Kerstin: Ich auch nicht. Geld verdienen, hat aber auch nicht geklappt.
Dagmar: Wir lieben Berlin.
Kerstin: … und dieser Film spielt hier, und das ist integraler Herzbestandteil dieses Films.

Es hat einige Zeit  gedauert, bis der Film in die Kinos kommt, weil sich die Klärung der Musikrechte hingezogen hat. Wie geht es nach dem Kinostart weiter und klingelt es dann in der Kasse?
Kerstin: Die DVD kommt vier bis acht Wochen nach dem Kinostart. Der rbb zeigt den Film auch noch einmal im Sommer im TV, weil es ein Frühling/Sommerfilm ist. Der macht Spaß in der Zeit. Und wenn es im Kino gut läuft, glaube ich schon, dass der eine oder andere Sender ihn auch noch mal zeigt. Nein, wir kriegen nichts. Die Einnahmen gehen alle an den Verleiher, der hat auch unheimlich viele Kosten und die Kinobetreiber bekommen ja auch etwas. Kino-Dokumentarfilm ist ein absolutes Verlustgeschäft, auch für die Verleiher. Deswegen bin ich auch so froh, dass Darling Berlin und das Entscheider-Gremium einstimmig gesagt haben „diesen Film möchten wir“.