66 Frauen, 21 Instrumente, unterschiedlichste Biografien und Lebensentwürfe – das ist das semi-professionelle Frauenblasorchester Berlin. Einmal in der Woche treffen sich die Musikerinnen zur Probe. Sie spielen Jazz, Pop und Klassik – in Bierzelten, Turnhallen und Konzertsälen. Astrid Graf, Musikerin mit Klarinettendiplom, hat das Ensemble ins Leben gerufen und leitet es seitdem. Der Dokumentarfilm „Kein Zickenfox“ über die Frauentruppe kommt am 17. März in die Kinos.

Ein bunter Haufen, dieses Frauenblasorchester Berlin. Da sitzt die Polizeibeamtin neben der Rechtsanwältin, die Lesbe neben der alleinerziehenden Mutter, die Ossie neben der Wessie. Und alle wollen sie Musik machen: „Ich kann mich da ausleben. Mit dem was ich fühle, wie ich denke, wie ich bin. Ich bin manchmal mehr Mensch in der Musik, als ich das sonst bin“, sagt Astrid Graf, die Dirigentin. Und ist selbst ein bisschen erstaunt darüber, was sie da sagt. Doch das ist das Geheimnis ihrer Truppe: gelebtes  Miteinander, aus Spaß an der Freude, ohne große Worte. Frauen, die alle ihr Leben haben – und die diesem Leben mit der Musik noch eins draufsetzen. Egal, aus welchem Grund.

Schlaglichtartig erschließt sich in diesem Film der Kosmos seiner Protagonistinnen. Pointierte, rasch hintereinander geschnittene Statements machen uns mit den Musikerinnen bekannt. Und wechseln sich ab mit liebevollen, gemächlichen Portraits: die Biobäuerin bei der Arbeit auf dem Feld; die Pfarrerin im Ruhestand, die ihr reiches Leben resümiert. Und Margrit, die Posaunistin, die nach schwerer Krankheit – zumindest für kurze Zeit – ins Orchester, in ihre musikalische Heimat zurückkehrt. Ihr ist der Film gewidmet.

Kein Kommentar aus dem Off macht sich während dieser 70 Minuten wichtig; die Geschichte erklärt sich selbst. Für die Stimmung, für Melancholie und Witz sorgen die Frauen – und die Kamera. Sie verharrt, als sich zu Beginn der wöchentlichen Probe alle einstimmen, auf der Schlagzeugerin, die ungerührt eine Stulle verdrückt – sie hat ja noch nichts zu tun und ist in einem Blasorchester zweifellos privilegiert: „Schlagzeug spielen ist eigentlich optimal“, freut sie sich. „Du kannst Luft holen, wann du willst, du kannst dabei essen und du kannst Lippenstift tragen.“

„Kein Zickenfox“ – der Film erzählt auch vom täglichen Kampf um Anerkennung. Und davon, wie schwierig es ist, in ein „demokratisch“ geführtes Orchester so was wie „Zug“ reinzubringen. Und er erzählt mit unglaublicher Leichtigkeit davon, wie schön es ist, wenn ganz unterschiedlichen Menschen mit Musik was Gemeinsames – und was Besonderes – gelingt. „Musik hat mir auch immer geholfen, empfindlich zu bleiben fürs Leben“, sagt eine der Musikerinnen. „Sensibel zu bleiben für all das, was um mich herum passiert.“

BR KLASSIK, 16.03.2016