19.08.2024 - 11:50 Uhr
Ein Film von Wilma Pradetto
Es ist Hochsommer im Bregenzerwald. Die Bergbauernfamilie Wirth will das Heu noch vor dem Gewitterregen ins Trockene bringen. Norbert Wirth ist stolz, dass alle mit anpacken.
Er bleibt gelassen, als der Regen sie dann doch erwischt. Die Heuernte ist buchstäblich ins Wasser gefallen, der Wetterumschwung hat die Familie überrascht. Mit Naturgewalten lernt man als Bergbauer umzugehen, und gegen Kälte und Nässe hilft eine heiße Käsesuppe.
Der Bregenzerwald ist ein Voralpental und liegt in Vorarlberg, ganz im Westen von Österreich – zwischen Bodensee und Arlberg. Österreich, die Schweiz, Deutschland und Liechtenstein treffen dort aufeinander.
Hier leben mehr als 1000 Bergbauernfamilien in einer Landschaft, die sich in den vergangenen Jahrhunderten kaum verändert hat. Es gibt keinen einzigen Großbetrieb mit Riesenställen und keinen einzigen Siloturm. Noch heute betreiben die Bauern Milchwirtschaft auf kleinen Höfen und lassen ihre Kühe auf den grünen Wiesen weiden.
Das Haus von Familie Wirth steht im Dorf Andelsbuch im Tal. Doch die Eltern und der älteste Sohn Christoph leben von Mai bis September mit den Tieren in den Bergen. Wie die meisten Bergbauern im Bregenzerwald sind die Wirths Alpennomaden – in Mitteleuropa mittlerweile eine Ausnahme.
Norbert Wirth ist Bergbauer, solange er denken kann. Sein ältester Sohn Christoph wird den Hof übernehmen. Obwohl die bewirtschafteten Flächen klein sind, sehen auch junge Leute eine Zukunft in diesem Beruf. Die 22 Dörfer des Bregenzerwaldes sind weitgehend von dem sonst alpenweit grassierenden Höfesterben verschont geblieben. Im Gegenteil, jeder zweite Bergbauer betreibt seine Landwirtschaft sogar im Vollerwerb. Sehr früh hat man in Vorarlberg auf die regionale Vermarktung der Produkte gesetzt, außerdem werden die Bergbauern subventioniert, um überleben zu können.
Die Familie besitzt 26 Kühe. Aus der Milch produziert Norbert Wirth jeden Tag einen großen Laib Bergkäse und jeden zweiten Tag fünf Kilo Alpenbutter. Mit der Molke, die beim Sennen übrigbleibt, füttert er seine 18 Alpschweine. Die Molke ist ein wertvolles Lebensmittel mit viel Eiweiß, Vitaminen und Mineralien und gibt dem Schweinefleisch einen vorzüglichen Geschmack. Mit dem Züchten von Alpschweinen hat sich Norbert Wirth, wie auch eine Reihe anderer Bergbauern in Vorarlberg, auf eine bewährte Tradition besonnen. Das Schweinefleisch erlebt dort eine Renaissance.
Für Christoph, den ältesten Sohn, wird dieser Sommer die „Reifeprüfung“ als Bergbauer. Er wird die Alm seiner Eltern verlassen und ganz allein eine Hochalpe von Verwandten bewirtschaften, die Kühe versorgen und den Käse herstellen. Christoph soll selbstständig werden und ganz allein entscheiden lernen. Mit 18 Jahren ist das die erste praktische Feuerprobe nach der Landwirtschaftsschule.
Doch bevor Christoph die Alm seiner Eltern für die nächsten Wochen verlässt, kocht seine Mutter Brunhilde ein großes Abschiedsessen. Seine Lieblingsgerichte: Geschnetzeltes vom Alpschwein und Erdbeertopfencreme mit wildem Klee.