Sternstunden der Musik | Arthur Rubinstein: Abschied von Chopin

Ein Film von Anne-Kathrin Peitz, ZDF/arte und C Major Entertainment, 43 min., 2021

Im April 1975 wird in der Londoner Fairfield Hall Musikgeschichte geschrieben: Der Pianist Arthur Rubinstein, der allmählich erblindet, will der Welt ein Vermächtnis hinterlassen. Chopins zweites Klavierkonzert hat ihn durch sein ganzes Leben begleitet. In der Fairfield Hall bringt Rubinstein es ein letztes Mal zum Leuchten.

Dafür kehrt Arthur Rubinstein nach London zurück, wo er 63 Jahre zuvor sein Debüt gab. Er ist 88 Jahre alt und eine lebende Legende, die mit Komponisten wie Rachmaninow oder Strawinsky auf Augenhöhe verkehrt hat. Es ist das Finale einer unglaublichen Lebensleistung und der grandiose Auftritt eines Altmeisters.

Ein Dreivierteljahrhundert hat Rubinstein die Bühnenwelt beherrscht – und als Connaisseur, Weltenbummler sowie Womanizer das Leben. Obwohl er gesteht, „weniger geübt zu haben als andere“, avanciert er zu wohl bedeutendsten Pianisten des 20. Jahrhunderts und bezeichnet sich selbst als „glücklichsten Menschen, dem ich je begegnet bin“.  

In „Abschied von Chopin“ gesteht Daniel Barenboim, dass er als 14-Jähriger mit Rubinstein seine erste Zigarre geraucht und seinen ersten Wodka getrunken habe. Seine Lebensgefährtin Annabelle Weidenfeld nennt ihn den charmantesten Menschen überhaupt und die jüngste Tochter, Alina Rubinstein, erinnert sich an den charismatischen aber oft abwesenden Vater, den sie „für niemanden in der Welt habe eintauschen wollen“. Faszinierende Einblicke in das Familienleben der Rubinsteins gewähren bisher selten gezeigte Archivaufnahmen und auch der Grandseigneur an den Tasten kommt selbst zu Wort.

In der legendären Konzertaufzeichnung, ganz ohne Publikum, eigens für die Kameras, mit dem London Symphony Orchestra unter Dirigent André Previn, ist Rubinstein noch immer die majestätische Pianisten-Ikone: aufrecht wie elegant thront er im Frack am Flügel. Das Spiel des Maestros ist edel, golden, gelassen, lebensvoll. Mühelos evoziert er seinen singenden und atmenden „Rubinstein Ton“, den junge Pianistinnen und Pianisten bis heute bewundern. Auch mit fast 90 Jahren hat der Ausnahmepianist und Chopin-Interpret schlechthin nichts von seiner Sogkraft eingebüßt: heiter ist er, ein wenig verschmitzt. Dafür haben ihn seine Zuhörer stets geliebt – und er sie.