Mischa Maisky spielt Tschaikowsky

Mischa Maisky spielt Tschaikowsky

Mischa Maisky spielt Tschaikowsky

Ein Film von Beatrix Conrad und Lily Küntzle, NDR/ARTE, 43 min, 2024

„Nach 50 Jahren auf der Bühne gibt es immer noch viele Herausforderungen, Träume und Ambitionen für die nächsten 50 Jahre.“ – Mischa Maisky sagt es mit einem Augenzwinkern. Der 75jährige Star-Cellist zeigt mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Paavo Järvi, dass er immer noch wie ein „heißblütiger Jungspund“ (Hamburger Abendblatt) musizieren kann.

„Mein wichtigstes Lebensmotto: Perfektion ist der Feind des Guten.“ Für Mischa Maisky ist das Cello kein Mittel, um technisches Können zu demonstrieren. Nicht die Perfektion steht für ihn im Zentrum, vielmehr geht es ihm um Emotionen im Augenblick der Interpretation, die er seinem Publikum möglichst ungefiltert vermitteln möchte. Mit seiner langjährigen Freundin, der Pianistin Martha Argerich, und der Geigerin Janine Jansen im Konzert in Kiel ist diese emotionale Bindung zum Publikum intensiv zu spüren. Und auch wenn Mischa Maisky immer noch viele Wünsche und Träume für die Zukunft hat, einen Herzenswunsch hat er sich bereits erfüllt: gemeinsam mit seinen Kindern Sascha (Violine) und Lily (Klavier) geht er als Familientrio auf Konzertreisen.

Die Rokokovariationen von Tschaikowsky erlauben dem Cellisten, seine Virtuosität in vollen Zügen auszukosten. Mit der „Nocturne“ und der Cello-Adaption der Lenski Arie „Kuda, Kuda“ von Tschaikowsky demonstriert Maisky sein romantisches, ausdrucksstarkes Spiel, ohne in Kitsch abzugleiten. Max Bruchs „Kol Nidrei“ weckt in ihm Erinnerungen an seine Herkunft. Maisky wuchs in einer jüdischen Familie mit ukrainischer Herkunft in der ehemaligen Sowjetunion auf, begann als 8jähriger mit dem Cellospiel und erhielt seine Ausbildung von zwei der ganz großen Meister des Cellos: Mstislaw Rostropovich und Gregor Piatigorsky.

Durch mehrere Brüche in seinem Leben – sein Vater starb, als er 18 war, seine Schwester wanderte kurz darauf aus, er selbst verbrachte 2 Jahre in einem Arbeitslager – entwickelte Maisky eine besondere Sensibilität, die man seinem Spiel anhört. Er sieht seinen ungewöhnlichen Lebenslauf als wichtige Ausbildung und ist dankbar für diese „umfassende Lebenserfahrung“.

Sternstunden der Musik | Sergiu Celibidache und die Berliner Philharmoniker

Sternstunden der Musik | Sergiu Celibidache und die Berliner Philharmoniker

Sternstunden der Musik: Sergiu Celibidache und die Berliner Philharmoniker

Ein Film von Holger Preusse und Philipp Quiring, ZDF/arte, 43 min, 2023.

Erst durch die Bitte des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker kam das Konzert 1992 zustande. Der legendäre rumänische Dirigent Sergiu Celibidache und die Berliner Philharmoniker sollten sich wieder miteinander versöhnen. Celibidache hatte das Orchester nach Ende des Zweiten Weltkrieges von 1945 bis 1954 in über 400 Konzerten geformt. Als das Orchester nach dem Tode von Wilhelm Furtwängler – dem langjährigen Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker – nicht Sergiu Celibidache zu dessen Nachfolger bestimmte, sondern Herbert von Karajan, kam es zum Streit und schließlich zur Trennung. Celibidache zog sich tief gekränkt zurück und schlug jedes Angebot einer weiteren Zusammenarbeit aus.

Es dauerte 38 Jahre, bis Sergiu Celibidache ans Pult der Berliner Philharmoniker zurückkehrte. Es ging als sogenanntes ‚Versöhnungskonzert‘ in die Musikgeschichte ein. Celibidache hatte zur Bedingung gemacht, dass er doppelt so viele Proben wie üblich bekam. Auf dem Programm stand Anton Bruckners 7. Sinfonie. Vor den Musikern bekannte Celibidache, dass die Berliner Philharmoniker eine „determinierende Rolle“ in seinem Leben gespielt hätten und er hier seine „ersten musikalischen und menschlichen Erfahrungen“ machen durfte.

In dem Film kommen neben Proben- und Konzertausschnitten Celibidaches Sohn Serge Ioan Celebidachi, Zeitzeugen der Berliner Philharmoniker, die Hornistin des Orchesters Sarah Willis, die junge französische Dirigentin Marie Jacquot, sein letzter Dirigierschüler Rémy Ballot und der rumänische Dirigent Cristian Măcelaru zu Wort. Sie geben einen Einblick in die Persönlichkeit, die Arbeitsweise und das Musikverständnis von Sergiu Celibidache.

Sternstunden der Musik | Grace Bumbry ist Carmen

Sternstunden der Musik | Grace Bumbry ist Carmen

Sternstunden der Musik: Grace Bumbry ist Carmen

Ein Film von Dag Freyer, ZDF/ARTE, sounding images, 43 min.

Ihre Karriere mutet fast wie ein Märchen an: Aufgrund der Rassentrennung wurde ihr das Studium am St. Louis Institute of Music verweigert, obwohl sie dafür bei einem Wettbewerb ein Stipendium gewonnen hatte.

Doch Grace Bumbry setzt sich gegen alle Widerstände durch: Ihren Durchbruch feiert sie in Bayreuth, wohin sie Wieland Wagner für seinen „Tannhäuser“ holte. Zunächst Opfer rassistischer Anfeindungen, feiert die Presse sie schließlich als „schwarze Venus“, das Publikum klatscht sie gleich 40-mal vor den Vorhang. Zu einer ihrer Paraderollen wird die Carmen. Zusammen mit Herbert von Karajan zeigt sie sich auf dem Höhepunkt ihrer stimmlichen und darstellerischen Fähigkeiten. Ihre Stimmgewalt, ihr Temperament und ihre minimalistische Darstellung inspirieren bis heute Sängerinnen, die die Rolle der Carmen übernehmen. Viele haben eine große Karriere gemacht. Die von Grace Bumbry war mehr als das: Sie war wichtig – und „Carmen“ war eine ihrer Sternstunden. Doch „Carmen“ war auch eine Zäsur in Bumbrys Karriere, die auch persönliche Opfer von ihr forderte und sie zwang, vom Mezzosopran zum Sopran umzuschulen.

Für die Mezzosopranistin Clémentine Margaine, die mit „Carmen“ ihren Durchbruch feierte, ist Garce Bumbrys Interpretation nach wie vor die Referenz. Grace Bumbrys beste Freundin seit Jugendtagen, Felicia Weathers, stellt die Parallelen zwischen der Rolle der Carmen und Bumbrys Leben her. Anna Tomowa-Sintow, selbst eine der ganz Großen der Opernbühne, erläutert, was Bumbrys Interpretation der „Carmen“ so einzigartig macht. Dominique Meyer, Intendant der Mailänder Scala, blickt auf eine lange Zusammenarbeit und Freundschaft zurück. Und David Lee Brewer lässt in Bumbrys Musikzimmer am Tag der Wohnungsauflösung Bumbrys Karriere Revue passieren.

Sternstunden der Musik | Abbado dirigiert Mahlers „Auferstehungs-Symphonie“

Sternstunden der Musik | Abbado dirigiert Mahlers „Auferstehungs-Symphonie“

Sternstunden der Musik: Abbado dirigiert Mahlers „Auferstehungs-Symphonie“

Ein Film von Magdalena Zieba-Schwind, ZDF/arte und C Major Entertainment, 43 min.

2003 kehrt der weltberühmte Dirigent Claudio Abbado nach einer Krebserkrankung zurück auf die Bühne. Zusammen mit einem Who-is-Who der klassischen Musik, den besten Instrumentalisten und Kammermusikensembles, feiert er seine Rückkehr ins Leben. Die emotionale Aufführung der 2. Symphonie von Gustav Mahler, der „Auferstehungs-Symphonie“, wird zu einer Sternstunde der Musik.

2003 fühlt sich Claudio Abbado nach seiner Krebserkrankung stark genug wieder ein Orchester zu dirigieren. Für seine Rückkehr auf die Bühne wählt er Gustav Mahlers 2. Symphonie aus – die sogenannte „Auferstehungssymphonie“. Ein gigantisches Werk für ein Orchester der Superlative: Das Lucerne Festival Orchestra besteht aus ausgewählten Solisten, Orchester- und Kammermusikern, mit denen Abbado während seiner langen Karriere auf allen Bühnen der Welt musizierte. Es ist ein erlesenes „Orchester der Freunde“, das mit ihm seine Rückkehr ins Leben zelebriert.

Diese Sternstunde beschäftigt sich mit den Fragen nach dem Sinn des Lebens, dem Sinn der Liebe, der Freiheit und des Leidens. Themen, die sich sowohl in Mahlers Musik als auch im Schicksal und Charakter von Claudio Abbado wiederfinden. „Sterben werde ich, um zu leben“, so die Worte der Auferstehungssymphonie, die der von Krankheit gezeichnete Abbado bei diesem Konzert mit dem Chor mitsingt. Ein zutiefst emotionaler Moment im Leben des Dirigenten und in der Konzertgeschichte.

Einige der Musiker, die in den Orchesterreihen dieses Konzerts saßen, lassen die ergreifende Stimmung dieser Sternstunde wieder aufleben: Renaud Capuçon, Emmanuel Pahud, Reinhold Friedrich und Antonello Manacorda erzählen über die Zusammenarbeit mit Abbado und über den Moment dieser einmaligen Interpretation von Mahlers Musik.

Sternstunden der Musik: Rudolf Nurejews „Schwanensee“

Sternstunden der Musik: Rudolf Nurejews „Schwanensee“

Sternstunden der Musik: Rudolf Nurejews „Schwanensee“

Ein Film von Anne-Kathrin Peitz, ZDF/ARTE, 43min, sounding images 2023

Nach 89 Vorhängen – Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde inklusive – ist klar: am 15. Oktober 1964 wurde an der Wiener Staatsoper Ballettgeschichte geschrieben. Der erst 26-jährige russische Tänzer Rudolf Nurejew choreographiert „Schwanensee“ und übernimmt selbst die männliche Hauptrolle des Prinzen.

Seine Partnerin ist die 45-jährige britische Primaballerina Margot Fonteyn. Nach weniger als zwei Stunden endet die weltberühmte Liebesgeschichte nicht mit dem traditionellen Happy End, sondern mit dem Tod des Prinzen. Mit seiner Version von Tschaikowskis Ballettklassiker wird Rudolf Nurejew zu der Tanzikone des 20. Jahrhunderts.

Seine Choreografie für das Wiener Staatsopernballett und die Wiener Symphoniker unter John Lanchbery ist eine der erfolgreichsten aller Zeiten – und noch immer im Repertoire der Wiener Staatsoper. Bis heute wird die technisch äußerst anspruchsvolle Choreographie von nachfolgenden Generationen ehrfurchtsvoll getanzt – und sie alle müssen sich an dem zur Legende gewordenen Traumpaar des klassischen Spitzentanzes Rudolf Nurejew und Margot Fonteyn messen lassen.

In seiner ungewöhnlichen „Schwanensee“-Deutung revolutioniert Nurejew die Rolle des männlichen Tänzers: Er will nicht länger nur „Hebemaschine“ der Primaballerina sein, sondern ihr ebenbürtiger Gegenpart – und stellt die Männerrolle und damit sich selbst in den Mittelpunkt des Tanzmärchens. Er adaptiert die Originalinszenierung von Marius Petipa und Lew Iwanow nach Gusto und fügt beispielsweise ein sehr melancholisches Solo ein, das heute Standard jeder Produktion ist.

Nurejews Lesart des Balletts zeigt nicht nur ein tiefes Verständnis für Tschaikowsky, der wegen seiner Homosexualität zum Außenseiter wurde, sondern trägt auch autobiographische Züge: Den Schmerz über Entwurzelung, Einsamkeit, den Verlust geliebter Menschen, das Aufbegehren gegen gesellschaftliche Konventionen, den der homosexuelle Tänzer, der als erster Künstler 1961 aus der Sowjet Union in den Westen flüchtet und dadurch über Nacht weltberühmt wird, selbst erlebt hat.

Diese Sternstunde zeigt nicht nur die legendäre Ballettaufzeichnung als aufwändig restaurierte 4k-Fassung. Dokumentarische Passagen mit Nurejew selbst, machen diese Ausnahmepersönlichkeit greifbar. In neu gefilmten Gesprächen erinnern sich ehemalige Tänzer und Wegbegleiter, wie Charles Jude, die französische „Let’s-Dance“-Jurorin Marie-Claude Pietragalla oder die Biographin Julie Kavanagh, sehr persönlich an ihn. Michael Birkmeyer und Gisela Cech, die bei der „Schwanensee-Premiere“ an der Seite von Nurejew tanzten, lassen diesen denkwürdigen Abend Revue passieren, während junge Künstler, wie die Erste Solotänzerin des Staatsballetts Berlin, Polina Semionowa, Choreograph Eric Gauthier oder Regisseur Kirill Serebrennikow, aus heutiger Perspektive auf Nurejew und sein Werk blicken.