Pressestimmen

#MyEscape

Wie dieser Film die Willkommenskultur verändern kann

Die Flüchtlingsfrage ist Thema in so vielen in Zeitungen, Fernsehsendungen und Talkshows. Manchmal hilft es, die Situation aus anderen Augen zu betrachten.

Das neue Jahr liegt noch in den Federn und zieht sich die Decke über den Kopf. So richtig aufgewacht ist es noch nicht. Während sich der Januar den Sand aus den Augen reibt, überschlagen sich die Ereignisse in der Flüchtlingsfrage. Fast stündlich werden neue Beschlüsse ausdiskutiert und der eine erklärt dem anderen Politiker, wie er sich zu verhalten hat.

Die Nachrichtenmenge und alle verschiedenen Meinungen und Positionen sind so überwältigend, dass man selbst nicht mehr so richtig weiß, was man glauben soll. Die Ereignisse ziehen an uns vorüber und Bilder von Flüchtlingsheimen und Aufnahmestellen lösen schon lange kein schockiertes Gesicht mehr aus. Das alles ist Teil unserer Welt und unserer Umgebung geworden. Und das wird sich so schnell nicht ändern. Was sich verändert, ist der deutsche Tenor, wenn es um die Flüchtlingsfrage geht – und hier will das Filmprojekt #myescape etwas verändern. Aus offenen werden verschränkte Arme und aus „diese Menschen haben ein Recht hier zu sein“ wird „aber die Wirtschaftsflüchtlinge haben hier nichts zu suchen“. Auch wenn immer noch viele Menschen ihre Türen und Herzen für die Geflüchteten öffnen, droht die Stimmung zu kippen.

Mit Filmmaterial gegen die Hetzer

„Vielleicht werden die Menschen daran erinnert, dass es Gründe gibt, warum diese Menschen flüchten“, sagt Sophie Elmenthaler im Gespräch mit ZEITjUNG. Sophie ist Redakteurin für das Filmprojekt #myescape. Die Masse der Medien eröffnet uns unzählige Wege, sich der Flüchtlingsfrage anzunähern. Zeitungen, Onlinemagazine, die sozialen Netzwerke, die Tagesschau oder Erzählungen aus dem Bekanntenkreis. Die meisten Berichterstattungen schauen auf die Situation herab und sprechen über das, was passiert. Vor allem zahlenbasiert. Der Film #myescape geht einen anderen Weg. Er bietet die Möglichkeit, die Perspektive zu wechseln. Gibt dem Thema Gesichter. Zusammengesetzt aus den Handyvideos geflüchteter Personen, schafft das Filmprojekt etwas, was selbst seriöse Medien oft nicht mehr bewältigen können. Man vertraut dem, was man sieht. Weil die Menschen aus Afghanistan, Eritrea und Syrien es genau so erleben.

Es sind nicht die Kameramänner der großen TV-Kanäle, die sich nach getaner Arbeit entlang der Flüchtlingsrouten ins Bett legen und die Augen schließen. Die Bilder entstehen, weil die Realität exakt so aussieht. „Wir rekonstruieren die Flucht von Menschen aus Afghanistan, Eritrea und Syrien. Dafür setzten wir Handyvideos oder selbst gedrehte Videos so zusammen, sodass die verschiedenen Stationen der Flüchtlinge erkennbar werden. Es ist Ziel des Filmes, aus den Augen der Flüchtlinge zu zeigen, wie sie die Flucht erleben“, erklärt Sophie.

Den Kontakt zu den Protagonisten stellen die Filmemacher auf ganz verschieden Weise her. Durch die Zusammenarbeit mit der Deutschen Welle, aber auch durch eigene Kontakte können viele Menschen ausgemacht werden, die ihre Flucht selbst dokumentiert haben. Aber auch die sozialen Netzwerke helfen dem Team rund um Regisseurin Elke Sasse und Produzent Stefan Pannen bei der Umsetzung: „Schon relativ zu Beginn des Projektes haben wir eine mehrsprachige Facebookseite eingerichtet, über die wir viel Rückmeldung bekommen haben. Einige dieser Menschen haben wir dann auch eingeladen und mit ihnen Interviews geführt.“ Die Interviews sind Teil des Filmes geworden, denn sie bieten den Protagonisten eine Möglichkeit, ihre Aufnahmen zu kommentieren. Ein Teil des Filmmaterials ist verwackelt oder nicht ganz scharf, erzählt Sophie. „Es sind eben alles keine professionellen Kameramänner und ab und zu ist die Qualität nicht ganz so gut.“ Wenn man sich den Inhalt der Handyvideos vor Augen führt, ist aber sofort klar, warum viele der Filmmacher nicht immer eine ruhige Hand bewahren konnten.

Es sind Situationen einer Flucht, an Grenzübergängen, Polizei-Absperrungen und Busbahnhöfen. Aber auch illegale Stationen auf dem langen Weg nach Europa werden von den Protagonisten mitgeschnitten. „Wir haben auch viel Material bekommen, bei dem man erst mal schlucken muss. Wir mussten ein paar Videos weglassen, weil das einfach zu krass gewesen wäre“, macht Sophie deutlich.

„Es ist eine neue Situation für uns alle“

Rama Jamarkani kennt die Gefühle und Gedanken dieser Menschen. Beim Film #myescape wirkt sie im Redaktionsteam mit. Die Journalistin stammt aus Syrien und arbeitete in Damaskus an einer eigenen TV-Produktion, die dann aber von der Regierung geschlossen wurde. Anders als die Menschen im Film konnte Rama aber mit einem Visum nach Deutschland gelangen. Bei der Umsetzung von #myescape war sie für die Sichtung und die Übersetzung des Filmmaterials zuständig. „Als ich das Material gesehen habe, konnte ich mit jedem Augenblick mehr nachvollziehen, warum diese Menschen geflüchtet sind. Wer so eine Reise auf sich nimmt, hat einen guten Grund gehabt zu gehen“, sagt sie gegenüber ZEITjUNG. Genau das ist auch die Intention des Filmes: Zu zeigen, dass jede dieser Personen, nicht zum Spaß an die schwarz-rot-gold gefärbte Türe klopft.

“Es sind alles Menschen, jeder hat seine eigene Geschichte und Träume, die im eigenen Land zerstört wurden. Sie sind hier, um ihr Recht auf Leben wahrzunehmen“, macht Rama deutlich. Aber vielleicht ist es eine andere Aussage, die uns zu denken geben sollte: „Ich glaube nicht, dass die Flüchtlinge in kurzer Zeit zurück in ihre Heimat gehen werden. Der Film ist eine gute Möglichkeit, uns anzunähern und uns kennenzulernen. Es ist eine neue Situation für uns alle und wir müssen lernen, damit umzugehen.“ #myescape wird am 10.2 im WDR Fernsehen und am 13. und 20.2. im Programm der Deutschen Welle zu sehen sein und hoffentlich auch das erreichen, wofür er gemacht wurde: Den Zweiflern hier in Deutschland die Geschichten und Beweggründe der geflüchteten Menschen näherzubringen und mitzuhelfen, dass aus verschlossenen, wieder geöffnete Arme werden.

ZEITJUNG, 01.02.2016

Grenzgänger

Steinlein und Brock geben sich in der Dokumentation neugierig, volksnah und sportlich. (…) Das Format ist unterhaltsam und kurzweilig – und gerade für Zuschauer aus dem deutsch-französischen Grenzgebiet liegt ein Reiz darin, bekannte Orte – gesehen durch andere Augen – neu zu entdecken.

Abwechslungsreich gestaltet sich die Reise auch durch das Zusammentreffen von Steinlein und Brock mit sehr verschiedenen Menschen – ob das der Holzbildhauer Thomas Rees im Schwarzwald ist, der Gastronom Erich Briel aus Ihringen, ob das die Minenentschärfer von Colmar sind oder Rennradfahrer auf der Vogesenkammstraße. Nicht zuletzt weckt „Grenzgänger“ durch prächtige Panorama- und Detailbilder die Sehnsucht nach dem derzeit noch fernen Sommer – die schönste Jahreszeit fürs Entdecken des deutsch-französischen Grenzgebietes.

BADISCHE ZEITUNG, 23.2.2015

Worldwide Berlin

Berlin, wa?
Berlin gibt es mehr als 100 Mal auf der Welt – wahlweise mit Tausenden Kokospalmen, einem ruhigen Leben unter Lamas oder der Möglichkeit, auf Skiern in die Disco zu flitzen. Eine Webdokumentation lädt zur kuriosen Entdeckungsreise.
Von Irene HelmesWenn der Student Criville in den Ferien seine Familie in Berlin besucht, freut er sich besonders auf die Entspannung, die Spaziergänge zwischen Palmen am weißen Strand, auf den traditionellen Kokosfisch. Willkommen in Papua-Neuguinea!

Tausende Kilometer entfernt im frostigen Kanada gibt es schon seit dem 19. Jahrhundert ein West- und ein Ost-Berlin. Vom Mauerbau haben sie sich ebenso wenig aus der Ruhe bringen lassen wie von der Wende. Sie sind, von der Weltöffentlichkeit unbemerkt, bis heute Heimat von Hummerfischern und Bärenjägern. Ganz in der Nähe liegt übrigens Liverpool.

Mehr als 100 Orte mit dem Namen Berlin sind über den Globus verstreut. Mithilfe der aufwendigen Webdokumentation „Worldwide Berlin“ sollen alle gefunden und porträtiert werden. Anfang Januar startete bei RBB und Deutscher Welle eine Fernsehreihe (hier geht es zum Stream). Nun sollen Nutzer das Projekt immer weiter vorantreiben. Denn es ist eine Suche mit weißen Flecken und offenem Ende. Noch ist nicht einmal abschließend geklärt, wie viele Berlins es überhaupt gibt.

„Man denkt, man hat mit Google Earth die ganze Welt, aber nein!“, sagt Projektleitern Elke Sasse. Angefangen hat alles mit einem Zufallsfund: Ein Foto im Netz zeigte ein Berlin mit Strand und Palmen. Sasses Team der Produktionsfirma „Berlin Producers“ wurde neugierig und stöberte weiter. In einer vermeintlich bis in den letzten Winkel vermessenen Welt folgte eine zweijährige Schnitzeljagd aus der Ferne und vor Ort, die manchmal extrem mühsam war.

In Argentinien etwa wurde ein Mitarbeiter nach dreitägiger Irrfahrt zu zwei verlassenen Häusern gelotst. Ob auch das Berlin war? „Wir wissen es nicht genau, man konnte ja niemanden fragen.“ In anderen Fällen hatte das Team mehr Glück. Aus Peru etwa meldete sich eine hilfsbereite Frau und fotografierte ein Berlin, das nur über Wasser erreichbar ist.

Elf erfolgreiche Reisen von Kamerateams sind bislang auf www.worldwideberlin.com zu sehen. Die Videos stellen die Einheimischen in den Vordergrund, dokumentieren ihren Alltag, wie sie arbeiten, was sie essen, welche Pläne sie für ihre Zukunft haben. Alle sind Berliner, und könnten doch kaum unterschiedlicher leben.

Seine Stadt sei erfreulicherweise ganz ohne Gangster, sehr ruhig und herzlich, schwärmt Tuktuk-Fahrer Mario in El Salvador. Seine Pendants in Ohio sind tiefgläubige Amish, und an der russisch-kasachischen Grenze flitzt der Schüler Aleksej auf Skiern über die zugeschneite Hauptstraße zur Dorfdisco oder dem einzigen Lebensmittelladen.

Im bolivianischen Centro-Berlin stellen Lamas den größten Teil der Bewohner. Menschliche Einwohner gibt es zehn. „Das Schönste hier in Berlin ist der Ort, die Landschaft, die Weite“, erklärt einer der zehn menschlichen Bewohner lakonisch.

„Worldwide Berlin“ zeigt seine Protagonisten mit viel Sympathie und Humor, doch ohne zu suggerieren, dass überall eitel Sonnenschein herrscht. Nach Sasses Eindruck haben die Bewohner aber eines gemeinsam: „Sie träumen sich nicht weg, sondern sie träumen alle ein bisschen für ihr Berlin.“

Wie es zu all den kleineren und größeren Ablegern kommt? Wie bei den vielen Roms und Amsterdams dieser Welt steckt dahinter meist eine Auswanderergeschichte. Doch es ist auch Kurioseres zu hören. Im einsamen Centro-Berlin konkurrieren gleich zwei Anekdoten. Demnach musste einst ein Flugzeug mit Insassen aus Berlin in der bolivianischen Ebene notlanden – das erste, das die Einheimischen je sahen. Für sie ein Zeichen des Himmels und einen neuen Dorfnamen wert. Die zweite Version besagt, Namenspatron sei ein deutscher Tourist, der 1949 wegen eines platten Fahrradreifens im Dorf übernachtete. Es muss eine unvergessliche Nacht gewesen sein.

Unterdessen geht die globale Spurensuche mit Schneeballeffekt weiter. „Wir bekommen inzwischen von überall Nachrichten“, sagt Sasse. Sie ist vor allem von den Fotos begeistert, die Berliner und Berlin-Kenner auch direkt in den „Community Stream“ der interaktiven Weltkarte laden können. Der Berlin-Besuche-Rekord liegt, soweit Sasse weiß, derzeit übrigens bei einem deutschen Hauptstädter, der schon mehr als 40 Geschwisterorte besucht hat. Doch wie wir sehen: Es ist genug Berlin für alle da.

Süddeutsche.de, 14.01.2015

Worldwide Berlin

„Immer wieder gelingt es den Reportern, unterwegs komische Momente einzufangen, etwa, wenn nach den Vorstellungen über den großen Namensgeber Berlin gefragt wird oder wenn die fernen Berliner gebeten werden, ihre Version vom Gassenhauer von der „Berliner Luft” aufzuführen. Der Tankstellenwart in Ohio greift zur Gitarre, der Musiklehrer in Russland zum Akkordeon, in Guinea wird unter Bäumen gesungen und in der Höhe Boliviens eine sehr expressive, freejazzige Version Berliner Luft durch eine Holzflöte geblasen. Unaufdringlich, fast nebenbei, werden bestimmte Bereiche der sieben Berlins miteinander verglichen, etwa das Essen, die Traditionen – und die Prägung des Ortsnamens.“BERLINER ZEITUNG, 6.1.2015VIA TWITTER

@usbotschaft
MT @WorldWideBerlin: Würdet ihr euer Berlin für einen Tag tauschen?? Was ist dein Lieblingsberlin? Ow.ly/GU47N #WWBerlin

Jan Wolframm @jottweeh
@WorldWideBerlin Danke für diesen grandiosen Fernweh-Fernseh-Weltenbummler-Heimat-Abend. #wwberlin

Evi @handballevi49
@WorldWideBerlin dafür reichen nicht 140 Zeichen, sorry

Warnemünde @wmnde
@Worldwide Warnemünde (www) hätte auch was. Aber wir sind wohl einmalig 😉 @WorldWideBerlin #wwberlin

Beth Pomponiio @BethPomponio
We like to meet and eat at the Berlin Diner, Berlin, New Jersey, USA.
#wwberlin @WorldWideBerlin

Daniel Nauck @danielnauck
@WorldWideBerlin congrats to another awesome berlin project
#wwberlin #berlinfolgen

J.David @shagyruco
@WorldWideBerlin saludos desde El Cerro la Cruz en Berlin El Salvador

Biene8922 @biene8922
Reicht da auch eine ABC-Fahrkarte?;) #WorldWideBerlin @WorldWideBerlin

@usbotschaft
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Warnemünde @wmnde
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Beth Pomponiio @BethPomponio
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Daniel Nauck @danielnauck
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Biene8922 @biene8922
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Auswärtiges Amt @Auswärtiges Amt
Mehr als 100 Berlins weltweit Film v @WorldwideBerlin heute ab 20.15 bei worldwideberlin.com, @DW (bit.ly/1Dq8F19)+@rbbFernsehen

Christian Soult @ChristianSoult
Ein Hoch auf die dritten Programme! @rbbFernsehen hat 20.15 +22.45 die Doku @WorldWideBerlin, @ndr 22h einen unbekannten Heinz-Erhardt-Film

Goethe-Institut MTL @Gl_Montreal
A place called #Berlin in Canada? Check the videos @WorldWideBerlin and the documentary livestreaming! Worldwideberlin.com #wwberlin

VIA FACEBOOK

Axel Lehnig
7. Januar 00:45
Hallo! Das war eine sehr schöne Doku über Berlin’s dieser Welt im Rbb Fernsehen! Ich war mit meiner Freundin am 3 Januar diesen Jahres in Börlin und wollte euch ein paar schöne Bilder hinterlassen  vlt. könnt ihr sie ja einbauen in eurer Website, ging leider nicht auf direkten Weg.Mfg Axel aus Südbrandenburg

Ste Geist
7. Januar um 00:28
Lieben Dank für die tolle Doku heute Abend im RBB. Tolles Projekt! Sehr liebevoll gemacht. Einfach toll.
Danke!

Martin Schmidt
7. Januar um 00:02
Eine Super Sendung. Die Serie könnte ruhig fortgesetzt werden! 🙂

Regine Gerlach
6. Januar um 23:23
Was für interessante, tolle Berlin-Geschichten! Bin total begeistert!

Stewe Profen
6. Januar um 21:53
Der erste Teil war super nett/süß/sympatisch. Den zweiten müssen wir wohl streamen (der kommt zu spät:(

Wem gehört die Stadt? Wenn das Geld den Menschen verdrängt

„Im Unterschied zu den zahllosen 45-Minütern, die zum Thema Gentrifizierung, Mietenwahnsinn und Immobilienboom in den vergangenen Jahren gedreht wurden, kann sich „Wem gehört die Stadt“ Zeit lassen und mehr machen, als bloß die Gier der Investoren und die Machtlosigkeit der Mieter zu skandalisieren. Die Dokumentation ist konventionell in der Machart, aber sehr hartnäckig und liebevoll, was die Schauplätze und Protagonisten angeht – und so entsteht eine Art Sittenbild Berlins zur Mitte des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts. (…) Zum Ende des Films unterliegt das freundliche Altmieter-Pärchen. Es hatte gegen die angekündigte Modernisierung geklagt und verloren. Das Modernisierungsanliegen sei „berechtigt“, heißt es im Urteil. „Wir werden alle umdenken müssen“, resümieren die beiden, „dass man eben, wenn man eine Wohnung hat, kein sicheres Zuhause hat“. Das bittere Fazit einer sehenswerten Dokumentation.“

SPIEGEL ONLINE

„Kristian Kähler und Andreas Wilcke sind zu betroffenen Mietern gegangen und haben bei den erfolgreichsten Investoren über die Schulter gesehen. (…) „Es gibt kein sicheres Zuhause mehr“, bringt eine von Räumung bedrohte Kreuzbergerin die Lage der „kleinen Leute“ auf den Punkt. Dagegen weiß auch der frühere Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz, keinen Rat. Dass auf diese Weise der soziale Friede gefährdet wird, daran lässt dieser Film keinen Zweifel.

DER TAGESSPIEGEL

„Die Stärke der Dokuoffenbart sich bereits nach rund der Hälfte ihrer anderthalb Stunden
Gesamtlänge: Es sind eben nicht allein, wie in der allgemeinen Hysterie
um das Dauerbrennpunkt-Thema Mieterverdrängung in Großstädten gern
behauptet, irgendwelche anonymen Immobilienfonds, sondern auf der
anderen Seite ist es eben auch eine Klientel, die sich vom Mantra »Rein
in den Privatbesitz an Wohneigentum« hat anstecken lassen, aber
eigentlich mit Spekulation nichts zu tun hat, obwohl sie diese kräftig
mit anheizt.

Die Filmemacher Kristian Kähler und Andreas Wilcke kommentieren die
Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt nicht, es reicht völlig aus, die
wachsende Kluft nüchtern darzustellen, um zu zeigen, dass Berlin gerade
dabei ist, im negativen Sinn ein zweites Rom, Paris oder London zu
werden.

(…)

Fast nebenbei erfährt der Zuschauer, wie es zu dieser Entwicklung kam.
Kähler und Wilcke streuen wiederholt Szenen aus dem Berliner Leben ein.
Was im ersten Moment an schmuckes Beiwerk erinnert, liefert den
Hintergrund zu dieser stadtsoziologischen Betrachtung. Nach spätestens
der dritten Sequenz voll mit Kneipen, Cafés und jungen Menschen dürfte
auch dem letzten Zuschauer klar sein, dass die gezielte Etablierung
Berlins als kosmopolitischer Schmelztiegel Segen wie auch Fluch für die
Stadt bedeutet.“

NEUES DEUTSCHLAND

„Das Plus dieser Reportage ist, dass alle Seiten zu Wort kommen und dass die Autoren gegenüber den Immobilienmaklern und –käufern nicht gleich in einen anklagenden Ton verfallen. Die Zusammenfassungen werden dem Stadtsoziologen Andrej Holm überlassen, dessen prägnante Kommentare ganz ohne Demonstrations-Parolen und Makler-Prosa auskommen. (…) Der turbulente Verkauf einer unsanierten Altbausanierung zeigt (…), dass sich nicht nur fremde Investoren vom Run auf das „Betongold“ haben anstecken lassen: Die jüngeren Kaufwilligen aus der Mittelschicht, oft Familien mit Kindern, preisen sich gegenüber den Verkäufern wie auf einem Casting an und überbieten sich immer weiter. Einige kaufen schließlich teure Neubauwohnungen, für die Andrej Holm den schönen Begriff „gestapelte Vorstadtidylle“ gefunden hat.“

BERLINER ZEITUNG

„Die Preise steigen stetig, doch die Rate bezahlbaren Wohnraums sinkt. Am Beispiel von Berlin zeigt der Dokumentarfilm „Wem gehört die Stadt?“ wie sich „Betongold“-Investitionen und Luxussanierungen auf gewachsene Stadtgefüge auswirken.“

NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG

„Zu Wort kommen Makler, Käufer von Neubauwohnungen, von Verdrängungsprozessen betroffene Mieter sowie politische Aktivisten und immer wieder mal der Stadtforscher Andrej Holm. Der abstrakte Begriff „Wohnungsmarkt“ wird durch diese kleinen Geschichten ein bisschen greifbarer gemacht. Man ahnt zwar, welchen Akteuren Wilcke und Kähler etwas näherstehen, das ist aber bei den dokumentierten Schweinereien, unter denen manche finanzschwachen Mieter zu leiden haben, auch verständlich. Aber: Die Autoren führen niemanden vor, verbreiten keine Ressentiments und lassen die Zuschauer entscheiden, welche Schlussfolgerungen sie aus dem Gesehenen ziehen.“

DIE TAGESZEITUNG

Karneval! Wir sind positiv bekloppt

„Den ersten Szenenapplaus gab es schon, da war der Film noch gar nicht richtig gestartet. Eine Bildcollage aus dem Rosenmontagszug wird von Johann Strauss’ „Frühlingsstimmen“ untermalt. Die Komposition der Bilder mit der klassischen Musik ist atemberaubend. Bei den rund 300 geladenen Gästen, darunter viele Experten aus Karnevalsgesellschaften, sorgte sie für Gänsehaut, die sich direkt in begeistertem Applaus Bahn brach.
(…)
Der 90-minütige Film erzählt, wie viel Blut, Schweiß und Tränen das närrische Treiben das ganze Jahr über kostet. (…)  Claus Wischmanns Film macht unheimlich Lust auf die tollen Tagen. Dass dieses Kunststück ausgerechnet einem gebürtigen Westfalen gelingt, macht die Stärke der Dokumentation aus. Frei von peinlicher Kölschtümelei oder bräsiger Selbstverliebtheit wirft Wischmann, einen neutralen, leicht distanzierten Blick auf das karnevalistische Treiben.
Und trotzdem ist der Streifen voller Sympathie für seine Protagonisten und den kölschen Fastelovend. Ein purer, wahrhafter und ergreifender Blick auf ein ganzes Jahr und eine ganze Stadt im Zeichen des Karnevals.“

KÖLNISCHE RUNDSCHAU, 21.11.2013 zu: „Wir sind positiv bekloppt“

„Claus Wischmann dürfte mit seinem Film so manchen ‚Ausländer‘ animieren, die ‚tollsten Tage‘ des Jahres mal in Köln zu verbringen.“
FILMECHO

„Gewährt kurz vor Beginn der Session am 11.11. einen Blick hinter die Kulissen – und in die Kölsche Seele.“
ARD Nachtmagazin
Bericht zum Film mit Premierenstimmung am 30.10. : http://www.tagesschau.de/kultur/karneval-doku-101.html
 
„Vermittelt viel von der Stimmung und jede Menge Emotionen“
ARD Brisant http://www.mdr.de/brisant/video231980.html

„Macht unheimlich Lust auf die Tollen Tage. Dass dieses Kunststück ausgerechnet einem gebürtigen Westfalen gelingt, macht die Stärke der Dokumentation aus. Frei von peinlicher Kölschtümelei oder bräsiger Selbstverliebtheit…Ein purer, wahrhafter und ergreifender Blick auf ein ganzes Jahr und eine ganze Stadt im Zeichen des Karnevals.“
Kölnische Rundschau

„Zum Lachen, Weinen, macht Sentimental und weckt Erinnerungen – ganz wie der Karneval selbst.“
koeln.de
http://www.koeln.de/koeln/karneval-wir-sind-positiv-bekloppt_863004.html

WDR3 „Kultur am Nachmittag“
Beitrag mit Interview Claus Wischmann vom 2.11.
http://www.wdr3.de/programm/sendungen/wdr3kulturamsonntag/index.html

WDR WestArt Magazin
Bericht zum Film mit Interview Claus Wischmann am 4.11.
http://www1.wdr.de/fernsehen/kultur/west-art-magazin/sendungen/karnevalfilm102.html

„Macht unheimlich Lust auf die Tollen Tage. Dass dieses Kunststück ausgerechnet einem gebürtigen Westfalen gelingt, macht die Stärke der Dokumentation aus. Frei von peinlicher Kölschtümelei oder bräsiger Selbstverliebtheit…Ein purer, wahrhafter und ergreifender Blick auf ein ganzes Jahr und eine ganze Stadt im Zeichen des Karnevals.“

KÖLNISCHE RUNDSCHAU

Einr Produktion von sounding images Köln

Die Ahnen der Queen

Die Arte-Doku (…) präsentiert ihr Thema überraschend anschaulich, spannend und informativ zugleich. Im Mittelpunkt steht Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha, der als verarmter Adel 1790 in Coburg geboren wird und als König der Belgier sterben wird. Dann sitzt seine Familie auf Thronen in England, Spanien, Portugal und anderswo. Präsentiert wird diese überaus spannende Lebensgeschichte im Wesentlichen von einer einzigen Person: Martin Rother ist zugleich Schauspieler und Reporter.

Er schlüpft für Spielszenen in Kostüme, besucht Archive, reist durch Europa, trifft sich mit derer zu Sachsen-Coburg. Ständig ist er in Bewegung, befragt die Experten beim Besichtigen von Herrschaftshäusern, beim Durchblättern von Briefen. Dadurch kommt trotz vieler Informationen nie Langeweile auf, und man weiß am Ende sogar, wer den Weihnachtsbaum nach England brachte.

Neue Osnabrücker Zeitung

De Gaulle & Adenauer: Eine deutsch-französische Freundschaft

Es ist vielen Zeitgenossen vielleicht nicht mehr bewusst, weil inzwischen alles glatt geht. Aber ein wirkliches, seinerzeit an ein Wunder grenzendes politisches Ereignis war die Aussöhnung mit Frankreich unter Adenauer. Kein zwischenstaatliches Verhältnis bei uns (schon gar nicht das mit England), war so affektbesetzt, so aufgeladen mit Groll und Hass, aber eben auch mit gegenseitiger Bewunderung, ja mit dem Wunsch, vom jeweils anderen geliebt zu werden, wie das zu Frankreich.

Versailles 1871 und 1919, Compiègne 1918 und 1940, Verdun und der Ruhrkampf: mag ja alles sein. Mag alles wehgetan haben. Aber der gebildete Deutsche, der kultivierte Franzose wusste immer: „Wir sind die beiden Flügel des Abendlandes. Wer den einen behindert, lähmt den Flug des anderen.“ So steht es in Romain Rollands epochalem Roman „Jean Christophe“ von 1912, und so bleibt es. Auch wenn wir uns in der Zwischenzeit an andere Partner rangemacht haben: Seelengeschichtlich bleibt Frankreich für Deutschland die Nummer 1.

Ein willkommener Anlass, an diese unumstößliche Tatsache wieder einmal zu erinnern, ist das 50-jährige Jubiläum des sogenannten Elysée-Vertrags, der seit 1963 eine „entente cordiale“ zwischen den beiden ehemaligen „Erbfeinden“ vorsieht. Der Fernsehfilm von Werner Biermann und Kristian Kähler verbindet die Erinnerung an das historische Vertragswerk mit dem anschaulich und elegant ins Erzählerische aufgelösten Hinweis darauf, dass dies so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nicht möglich gewesen wäre, wenn es diese beiden Herren nicht geben hätte: Konrad Adenauer, der 1933 sauber geblieben war, sowie den General de Gaulle. Der hatte es meisterhaft verstanden, die französische Niederlage von 1940, gleichsam in letzter Sekunde, im August 1944 in einen Sieg zu verwandeln. Auch war er der einzige Franzose, der in den Augen seiner Landsleute (als Militär) legitimiert war, die Aussöhnung mit einer Nation voranzutreiben, unter deren Besatzung Frankreich vier Jahre lang erheblich zu leiden gehabt hatte.

Der Fernsehfilm spricht damit zwei Wahrheiten aus, die heutzutage viele politisch korrekte Gemüter ergrimmen werden (umso besser!). Erstens: Politik machen heißt auch, sich über „Stimmungen“ in der Bevölkerung kühn hinwegzusetzen. Vor allem aber: Männer machen eben doch Geschichte. Zumindest, wenn sie danach sind.

Und das waren diese beiden. Biermann/Kähler zeichnen sehr schön den Beginn einer großen Freundschaft nach, die im Sommer 1958 ihren Anfang nahm – als eine, wie die De-Gaulle-Biografin Frédérique Néau-Dufour hier schwärmerisch verkündet, „Liebe auf den ersten Blick“. Das hatte mitnichten etwas Erotisches, zumal die beiden Herren, die sich da ganz privat auf dem lothringischen Landsitz des Generals zum ersten Mal begegneten, zwei durchaus ältere Semester waren (de Gaulle zählte 68 Lenze, Adenauer 82). Aber eine Art geistige Liebe muss es eben doch gewesen sein, vor allem von Seiten des Generals, der nun offenbar endlich einen Deutschen gefunden hatte, den er in die Arme schließen konnte. Einen Deutschen, der, wie er, im katholischen Glauben und im bürgerlichen Geschichtsgefühl des 19. Jahrhunderts fest verwurzelt war. Welche Erleichterung nach all den Proleten, Barbaren und Vatermörder tragenden Lakaienseelen, mit denen es seine Generation bis dato zu tun gehabt hatte! Und so konnte denn der General den Deutschen 1962 jenes Geschenk machen, das sie mit so dankbarer Erschütterung erfüllte wie später nur noch Kennedys (freilich salopperes) „Ich bin ein Berliner“. Der General sprach: „Sie sind ein großes, jawohl ein großes Volk!“ Er sagte es, in eine komplizierte Nebensatzkonstruktion eingebunden, auf Deutsch.

Die Welt, 19.01.2013

Kampf um den Vatikan

Nur wenig dringt aus dem Vatikan nach außen. Umso spannender ist die Arte-Doku „Kampf um den Vatikan“. Sie enthüllt, mit welch harten Bandagen um das Zweite Vatikanische Konzil gekämpft wurde. Denn viele Bischöfe widersetzten sich der längst überfälligen Modernisierung.

Die katholische Welt schaute gebannt nach Rom, als im Oktober 1962 das Zweite Vatikanische Konzil begann. Papst Johannes XXIII. wollte damit die Kirche der modernen Welt öffnen. Doch es wurde eine Zerreißprobe daraus.

Denn unter den 2450 Bischöfen aus aller Welt waren viele, die sich der längst überfälligen Modernisierung widersetzten. Mehr als drei Jahre wurde um Macht und Wahrheit gerungen. Am Ende standen zwar Fortschritte. Zum ersten Mal erkannte die Kirche das Grundrecht auf Religionsfreiheit an und sah Andersgläubige nicht mehr als Ungläubige. Gottesdienste wurden nicht mehr ausschließlich in Latein abgehalten, Priester wandten den Gläubigen nicht mehr den Rücken zu. Aber viele Themen wie Geburtenkontrolle und Zölibat wurden bewusst ausgeblendet.

In der ausgezeichneten Dokumentation „Kampf um den Vatikan – hinter den Kulissen des Kulissen des Konzils“ (Arte, Dienstag, 20.15 Uhr) zeigen Holger Preusse und Ludwig Ring-Eifel detailliert auf, wie trickreich und mit harten Bandagen um jede Neuerung gerungen wurde. Da gab es die Traditionalisten um den französischen Kardinal Lefebvre, die jede Neuerung ablehnten. Auf der anderen Seite die Rheinische Allianz, gebildet aus deutschen, holländischen und französischen Klerikern, denen nicht entgangen war, wie sehr sich die reale Welt von der Katholischen Kirche entfernt hatte.

Der Kölner Kardinal Frings spielte darin eine wichtige Rolle. Und dann noch die machtbewusste römische Kurie, die schon vor Beginn wichtige Funktionen des Konzils mit Leuten ihrer Wahl besetzt hatte. Mit Erfolg wehrten sich die Bischöfe gegen diese Bevormundung. Der jetzige Papst Benedikt XVI., damals als junger Theologe im Beraterstab von Kardinal Frings dabei, versucht noch heute, die Risse von damals zu kitten.

Nach dem Tod des überaus populären Johannes XXIII. beendete Papst Paul VI. 1965 das Konzil. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Zeichen der Zuversicht vom Anfang des Konzils nicht mehr deutlich zu erkennen sind. Immerhin besucht knapp 20 Jahre später mit Johannes Paul II. erstmals ein Papst eine Synagoge.
WAZ

Arte-Themenabend: Die neuen Vegetarier

Der sehenswerte Arte-Themenabend beantwortet die Frage „Dürfen wir Tiere essen?“ mit einem eindeutigen Fazit: „Eigentlich nicht“.

Dürfen wir Tiere essen? Nicht zuletzt seit den literarischen Denkanstößen von Jonathan Safran Foer („Tiere essen“) und Karen Duve („Anständig essen“) ist die Frage, ob Fleischverzehr gesund ist, eng verknüpft mit jener, wie wir eigentlich unsere Mitgeschöpfe, die Tiere, behandeln. Beide Themenkomplexe verbinden die Dokumentationen eines sehenswerten Arte-Themenabends. Die Frage beantwortet sich dabei schon fast von alleine: Nein.

Die Dokumentation „Nie wieder Fleisch?“ von Jutta Pinzler führt vor Augen, dass die Zeiten, in denen Fleisch höchstens sonntags auf den Tisch kam, lange vorbei sind. Der Fleischkonsum ist weltweit drastisch angestiegen. In den vergangenen 50 Jahren hat er sich verfünffacht. Deutschland war mit acht Millionen Tonnen schon 2010 Europas größter Produzent. Während in Europa eine langsame Sättigung erreicht ist, wächst der Verbrauch in den Schwellenländern. Bis 2050 wird er sich verdoppeln, so die Prognose.

Und schon jetzt fand die Redakteurin Vertreter von Chinas neuer Wohlstandsmitte. Dreimal am Tag – und zwar jeden Tag – esse er Fleisch, sagt da ein fettleibiger Familienvater in die Kamera. Manchmal gehe er auch noch nachts an den Kühlschrank. Die Folgen zeigen sich längst in den chinesischen Metropolen: Übergewicht, einst eine Krankheit des Westens, genauso wie Gicht, Diabetes und Herzprobleme. Fleisch erhöhe signifikant das Krebsrisiko, bestätigt auch der Heidelberger Nobelpreisträger Harald zu Hausen. Das ist nicht das alleinige Übel.

Der Methanausstoß von Rindern gilt sogar als größerer Klimakiller als Kohlendioxid. Die zuhauf auf die Äcker gekippte Gülle treibt die Nitratwerte im Grundwasser in krebserregende Höhen. Fleisch ist heute billig zu haben. Den Preis dafür zahlen verarmte Bauern in der Dritten Welt, deren Äcker für die westliche Tierfutterproduktion herhalten müssen – und die Tiere.

Die Szenen, die Tierschützer mit versteckter Kamera in der industriellen Massenproduktion und Schlachthöfen eingefangen haben, sind für Hartgesottene. Lebendig am Haken zappelnde Rinder. Schafe, natürlich noch lebend, mit offen klaffenden Halswunden. Vor ihrem unwürdigen Tod führen die Tiere ein erbärmliches Leben. Hühner etwa, bewegungsunfähig gemästet und vollgestopft mit Antibiotika.

Der Film lässt Journalisten, Tierschutzaktivisten und einen Sprecher der EU-Agrarkommission zu Wort kommen. Erschreckend defensiv zieht der sich auf die starke Nachfrage zurück. Von moralischer Verantwortung keine Spur. Die Macht der Fleischlobby lässt sich da nur erahnen.

Wo hier Aufklärung dominiert, zeigt der zweite Beitrag des Themenabends „Die neuen Vegetarier“, dass es auch anders geht. Längst ist auf der Basis von Gesundheit und Nachhaltigkeit ein eigener Lebensstil entstanden. Die Lohas (Lifestyle of Health and Sustainability) sind in aller Munde. Doch noch immer bilden sie mit knapp zwei Prozent eine – oft belächelte – gesellschaftliche Randgruppe.

Autor Michael Richter begleitet die vierköpfige Familie Wittmann aus Hamburg durch einen fleischlosen Selbstversuch. Und es zeigt sich, dass vegetarische Ernährung keinesfalls gleichzusetzen ist mit Askese und Genussverzicht. Das beweist etwa der Ausflug zu dem von Sternekoch Michael Hoffmann betriebenen Restaurant Margaux. In Berlins bester Innenstadtlage kreiert er wahre Genüsse – ausschließlich auf vegetarischer Basis.

Das Fazit des Abends ist ernüchternd. Weitermachen geht nicht. Schon wenn wir weniger Fleisch essen würden, wäre dem Planeten geholfen. Für Fleischliebhaber bleibt nur eine Option: zurück zum Sonntagsbraten.
Hamburger Abendblatt